Hooks Ghost 8
Nachschlag zur Rechtschreibkaterstrofe
Kai Kauffmann, Dekan des Fachbereichs Linguistik und Literatur an der Universität Bielefeld,
äußert sich auf bemerkenswerte Weise in einem Artikel »Reden wir über die Deutschlehrer«
in der F.A.Z., vom 20. Juni 2017 zur jüngst beschworenen Krise der Germanistik dergestalt,
dass er die Krise in der Lehrerbildung festsitzen sieht. Er beklagt, dass die besonderen
Bedürfnisse der Lehrerbildung seit Jahrzehnten stiefmütterlich behandelt werden und gibt
zu bedenken, dass gerade für Grundschulen »wissenschaftlich bestens qualifizierte
Studierende für das verantwortungsvolle Amt« vonnöten wären.
Kauffmann mahnt Sprach- und Literaturwissenschaftler und Fachdidaktiker, sich angesichts
des massiven Rückgangs der Sprech-, Lese- und Schreibfähigkeiten, in die
Diskussion einzuschalten. Er bemängelt ausdrücklich, dass solch fragwürdige Methoden wie »Schreiben
nach Gehör« sprachliche Korrektheit an den Rand gedrängt und in der
Grundschule verheerende Folgen nach sich gezogen hätten.
Hier sei an einen vor Jahren erschienenen SPIEGEL-Artikel »Die Rechtschreiberkaterstrofe«:
Warum unsere Kinder nicht mehr richtig schreiben lernen, erinnert, in dem universitäre
Protagonisten der Methode »Lesen durch Schreiben« des Schweizers Jürgen Reichen eine
halbe Lehrergeneration auf den Irrweg gelockt hatten. Vergleichsstudien hatten miserable
Resultate für die »Reichen-Klassen« erbracht. Der Dilettantismus hielt vrölisch Einzug
in die Lehrerausbildung.
Die Darlegungen von Kai Kauffmann korrespondieren m.E. mit dem Anliegen, für das
Gerhard Roth in »Bildung braucht Persönlichkeit« vehement eintritt. In die Bildung
derjenigen, die mit jungen Kindern lernen, dies gilt in verschärfter Form für
Erzieher/Erzieherinnen, muss erheblich investiert werden. Es muss sichergestellt werden,
dass Verantwortliche für die Bildung von Kindern, selbst exzellente Kenntnisse von
kindlicher Sprachentwicklung und frühkindlicher Literatur haben, sowie kommunikative
Fähigkeiten erwerben und sensibel entwickeln, mit denen sie sachlich umfassend und
humorvoll Kinder mit der wirklichen Wirklichkeit vertraut machen.
Wenn, wie befürchtet werden muss, die WANKA-Milliarden in die mediale Geräteaustattung
gesteckt werden, begleitet vom Geplärre, dass nun Medienkompetenz zu entwickeln sei, und
dadurch u.a. das Sprechen von Angesicht zu Angesicht oder die Aufnahme von Kinderliteratur
zur Seite gedrückt wird, stehen ähnliche, wenn nicht sogar schlimmere Fehlentwicklungen an wie bei »Lesen durch Schreiben« .
© Prof. Dr. Heinz Günnewig
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